Der Bundesjustizminister plant eine Änderung bei der Strafverfolgung illegalen Glücksspiels. Deutschlandweit entbrennt diesbezüglich bereits eine hitzige Debatte. Ist das Vorhaben sinnvoll?
Die aktuelle Gesetzeslage
Hintergrund der Debatte um die Strafbarkeit illegalen Glücksspiels ist die derzeitige Gesetzeslage, die bei einem Verstoß gegen bestehende Bestimmungen einen Strafdelikt vorsieht, der mit einer Freiheitsstrafe geahndet werden kann.
Es handelt sich also keineswegs um einen Kavaliersdelikt. Das Bundesjustizministerium schlägt nun jedoch vor, Vergehen in Zukunft lediglich als eine Ordnungswidrigkeit zu behandeln.
Woran erkennt man seriöse Anbieter?
Für Spieler ist der Glücksspielmarkt in Deutschland und das unterschiedliche Angebot von Online Spielotheken nicht zuletzt aufgrund der Maße an Anbietern oft undurchsichtig. In diesem Zusammenhang wäre es außerdem wünschenswert, Spieler zukünftig besser gegen illegale Angebote zu schützen.
Um sich einen aussagekräftigen Eindruck über die Seriosität einer Online Spielothek verschaffen zu können, lohnt sich daher in erster Linie ein Blick auf die Lizenz. Verfügt der Anbieter überhaupt über eine Lizenzierung? Wo und wann wurde diese erteilt? Man findet das GGL-Siegel und weitere Details zur deutschen Lizenz in aller Regel im Footer auf der Webseite des jeweiligen Anbieters.
Eine offizielle Genehmigung ist sehr aussagekräftig und ein gutes Merkmal, an dem sich Spieler orientieren können. Darüber hinaus können zum Beispiel auch der im Impressum genannte Firmensitz auf der Webseite Aufschluss darüber geben, ob es sich um einen seriösen Anbieter handelt.
Auch ein sicherer Schutz der persönlichen Daten sollte bei seriösen Online Spielotheken als eine Selbstverständlichkeit immer gewährleistet sein. Ein ausreichender Datenschutz ist auf elektronischer Seite durch eine sogenannte SSL-Verschlüsselung bei der Übertragung sensibler Daten gegeben. Sofern eine sichere Datenübertragung vorhanden ist, weisen die meisten Anbieter mittlerweile auf diese Verschlüsselungstechnologie ausdrücklich hin.
Zu guter Letzt erkennt man die Seriosität einer Online Spielothek an den Maßnahmen, die im Rahmen des Spielerschutzes zur Suchtprävention ergriffen werden. Dazu gehören zum Beispiel entsprechende Hinweise, an wen sich gefährdete oder bereits betroffene Spieler wenden können.
Der Glücksspielstaatsvertrag von 2021, in dem die derzeit geltenden Regelungen für alle Arten von Glücksspiel festgehalten sind, schreibt den Spielerschutz betreffend auch noch eine Reihe weiterer Umsetzungen vor. Darunter fallen beispielsweise die Begrenzung von Einsätzen oder die Beschränkung, zeitgleich nur das Angebot einer Online Spielothek nutzen zu können.
Überprüfung des Glücksspielstaatsvertrags
Die Umsetzung der Vorschriften, die im Glücksspielstaatsvertrag aus dem Jahr 2021 festgehalten sind, erfordern nun eine regelmäßige Überprüfung. Schließlich klaffen gesetzliche Vorgaben und Realität nicht selten erheblich auseinander. Daher gilt es, sich immer wieder wesentliche Kontrollfragen zu stellen: Sind die bisher getroffenen Maßnahmen ausreichend? Ist das bestehende System überhaupt realitätstauglich?
Diskussionsabend zum illegalen Glücksspiel
Hinsichtlich der Notwendigkeit eines fortlaufenden Abgleichs des Glücksspielstaatsvertrags mit der Lebenswelt räumt auch der Sucht- und Drogenbeauftragte der Bundesrepublik, Burkhard Blienert, dem Thema illegales Glücksspiel momentan einen großen Stellenwert ein. So versammelten sich auf seine Initiative hin am 7. September auf dem Symposium „Illegales Automatenspiel: Ohne Rücksicht auf Verluste“ Vertreter aus allen relevanten Bereichen wie dem der Politik, der Wissenschaft, der Glücksspielindustrie sowie aus der Suchthilfe zu einer großen Diskussionsrunde. Er selbst spricht in diesem Zusammenhang vom „ausufernden illegalen Glücksspiel“ und mahnt an, dass insbesondere der Jugend- und Spielerschutz durchgesetzt werden müsse.
Einen anderen wichtigen Punkt bei der Eingrenzung illegalen Glücksspiels stellt aus Blienerts Sicht eine Entkriminalisierung der Spieler dar und er führt dazu weiterhin aus: „Einerseits, weil abhängige Menschen Hilfe anstatt Strafe brauchen und andererseits, weil sich viele Spielende erst trauen werden, illegales Glücksspiel anzuzeigen, wenn sie selbst straffrei bleiben.“
Auch seine Einschätzung, dass „Glücksspielabhängigkeit […] ein ernstes gesellschaftliches Problem“ sei, scheint mit einem Blick auf die Statistik zur Spielsucht in Deutschland durchaus berechtigt. Immerhin leiden bereits mehr als 1,4 Millionen an einer Spielsucht und drei Millionen weitere Bürger sind akut gefährdet, eine ernsthafte Suchtausprägung zu entwickeln.
In der Pressemitteilung zum Diskussionsabend über illegales Glücksspiel werden außerdem Studienergebnisse angeführt, die das Ausmaß illegaler Aktivitäten im Glücksspielbereich verdeutlichen. So ist die Rede davon, „dass heute nahezu jedes dritte Glücksspielgerät in Deutschland illegal oder manipuliert ist und mindestens die Hälfte aller Umsätze aus illegalen Geräten kommen.“ Das sind alarmierende Zahlen, die von der Politik ernstgenommen werden sollten. Blienert kommt daher zu dem Schluss: „Wir müssen deutlich mehr tun, gerade um illegalen, kriminellen Spielangeboten den Hahn abzudrehen!“ (Quelle des gesamten Abschnitts: bundesdrogenbeauftragter.de)
Die Pläne des Bundesjustizministeriums
Der Koalitionsvertrag der jetzigen Regierung beinhaltet auch eine gezielte Überprüfung der aktuellen Gesetzgebung. Diese soll auf Umsetzung, Notwendigkeit und Widersprüchlichkeit hin untersucht und – wenn nötig – angepasst werden. Dies geht aus einem am 23. November vom Bundesjustizministerium veröffentlichten Eckpunktepapier zur Modernisierung des Strafgesetzbuches hervor. Bezogen auf unerlaubtes Glücksspiel spielen besonders die Paragrafen 284-287 eine große Rolle. Diese sollen nun jedoch aufgehoben werden, da die Strafbarkeit der nicht genehmigten Veranstaltung von Glücksspielen bereits im Glücksspielstaatsvertrag von 2021 als eine Ordnungswidrigkeit berücksichtigt ist. (Quelle: kripoz.de)
Einer der genannten Abschnitte, die gestrichen werden sollen, der derzeit gültige Paragraf 285 des Strafgesetzbuches, sieht gleichermaßen rigorose Strafen für die Beteiligung an unerlaubtem Glücksspiel vor. In dem Gesetzestext heißt es im Original: „Wer sich an einem öffentlichen Glücksspiel (§ 284) beteiligt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu einhundertachtzig Tagessätzen bestraft.“ (Quelle: gesetze-im-internet.de)
Eine Streichung würde Spielern, die oft sogar ohne ihr Wissen an illegalen Glücksspielangeboten teilnehmen, in Zukunft nicht mehr in demselben Ausmaß bestrafen wie die Veranstalter.
Sowohl das Betreiben als auch die Teilnahme an unerlaubtem Glücksspiel sind im Moment also Straftaten. Folgt die Regierung dem Vorhaben des FDP-geführten Bundesjustizministeriums, das den traditionellen Ansichten der Partei entsprechend eine liberalere Position vertritt, würden diese Vergehen gemäß eines Paragrafen (§ 28a) des Glücksspielstaatsvertrages der Länder in Zukunft strafrechtlich nur noch als Ordnungswidrigkeiten geahndet werden können (Quelle: gesetze-bayern.de). Gegen diese Abmilderung der Strafbarkeit regt sich nun aus den verschiedensten Ecken Widerstand.
Kritik von allen Seiten
Gerade weitreichende Gesetzesänderungen sollten vor ihrem Inkrafttreten zunächst in einem demokratischen Prozess eingehend geprüft werden. Eine umfassende Beleuchtung der der Konsequenzen, die mit einer Änderung der Strafverfolgung illegalen Glücksspiels einhergehen würden, ist vor allem angesichts der Größe des Glücksspielsektors unbedingt anzuraten.
Die Gewerkschaft der Polizei hat Bedenken
Gegen die Pläne des Justizministers wurde bereits aus unterschiedlichen Richtungen Kritik laut. So äußerte beispielsweise die Gewerkschaft der Polizei (GdP) erhebliche Bedenken und unterstützt den Vorschlag des Justizministers nicht. „Bei diesem sensiblen Thema darf der Bundesjustizminister keinen Alleingang wagen“, so der Vorsitzende der GdP, Jochen Kopelke. Weiterhin ermahnte Kopelke auch die Ampel-Koalition, die Streichung der Paragrafen aus dem Strafgesetzbuch im Vorfeld zu prüfen: „Die Bundesregierung darf dieses Vorhaben nicht einfach durchwinken.“ Auch die Bundesländer und Experten sollten laut Kopelke dazu gehört werden. (Quelle: gdp.de)
Deutscher Richterbund gegen die Aufhebung der Paragrafen
Ebenso kritisch sieht der Deutsche Richterbund (DRB) die geplante Änderung der strafrechtlichen Verfolgung unerlaubten Glücksspiels und spricht sich in einer Stellungnahme zu Buschmanns Eckpunktepapier eindeutig dagegen aus. Begründet wird die Ablehnung der Pläne mit dem häufig auftretenden Zusammenhang zwischen Bandenkriminalität und Glücksspiel.
Laut der Stellungnahme des Richterbundes vom 20.12.2023 sei illegales Glücksspiel „ein spezifischer Deliktsbereich der Organisierten Kriminalität und stellt eine bedeutende Einnahmequelle organisierter Straftätergruppen dar.“
Diese Argumentation teilt übrigens auch die Gewerkschaft der Polizei. Die Aufhebung des § 285 StGB, der eine Strafverfolgung von Spielern, die an illegalem Glücksspiel teilnehmen, sei hingegen durchaus in Erwägung zu ziehen. Schließlich läge in diesen Fällen keine organisierte Kriminalität vor. (Quelle des gesamten Abschnitts: drb.de)
Auch Deutsche Automatenwirtschaft kritisch gegenüber Plänen
Aus einer Pressemitteilung der Deutschen Automatenwirtschaft e.V. (DAW) vom 4.1.2024 geht hervor, dass der Dachverband der Glücksspielindustrie Deutschlands den Plänen des Justizministeriums ebenfalls kritisch gegenübersteht.
Georg Stecker, der Sprecher des Vorstandes der Deutschen Automatenwirtschaft, meint: „Die Pläne des Bundesjustizministeriums gehen in die falsche Richtung. Wir brauchen ein entschiedenes Vorgehen gegen den illegalen Glücksspielmarkt mit wirksamen Mitteln. Dazu gehören auch die §§ 284 bis 287 StGB in ihrer derzeit geltenden Fassung. Und wir brauchen dringend eine gute Regulierung, die die legalen Anbieter stärkt. Denn die Illegalität wird vor allem durch ein ausreichend verfügbares und bedürfnisorientiertes, konkurrenzfähiges Angebot der legalen Glücksspielunternehmen wirksam bekämpft.“ (Quelle: presseportal.de)
Der Hinweis, legale Anbieter weiterhin zu stärken sowie das Angebot genehmigter Glücksspielbetriebe auszubauen, ist einerseits natürlich in den eigenen wirtschaftlichen Interessen der Vertretung der legalen deutschen Glücksspielindustrie begründet.
Andererseits ist Steckers Argumentation, Glücksspiele „bedürfnisorientiert“ zu gestalten, durchaus schlüssig. Denn nur wenn die Interessen, Wünsche und Vorlieben von Spielern ernst genommen werden, und die Angebote bei lizenzierten Anbietern gleichermaßen reizvoll gestaltet sind wie die der illegalen Konkurrenz (zum Beispiel was Boni und Freispielaktionen angeht), kann der illegale Glücksspielmarkt langfristig zurückgedrängt werden.
Nicht nachvollziehbar ist jedoch, dass der DAW die Teilnahme an illegalem Glücksspiel zukünftig lediglich als Ordnungswidrigkeit zu verfolgen, offenbar nicht unterstützt – und das obwohl die Umsätze der Automatenindustrie gänzlich von ihren Kunden, den Spielern, abhängen. Spieler, die sich zu einem großen Teil sogar unwissend an unerlaubtem Glücksspiel beteiligen, wären so auch weiterhin nicht vor einer gleichermaßen harten Strafverfolgung geschützt, wie sie momentan für die Betreiber selbst üblich ist.
Fazit der CasinoVerdiener-Redaktion
Die Auffassung des deutschen Bundesbeauftragten für Sucht- und Drogenfragen, Burkhard Blienert, Spieler, die an illegalem Glücksspiel teilnehmen, gänzlich zu entkriminalisieren oder zumindest wie in den Plänen des Justizministers, Marco Buschmann, vorgesehen, nicht mehr in gleichem Maße zu bestrafen wie die Veranstalter, ist begrüßenswert und sicherlich ein Schritt in die richtige Richtung. Schließlich kann die Hemmschwelle, illegale Anbieter anzuzeigen, nur sinken, wenn dem Spieler selbst Straffreiheit garantiert wäre. Die Straffreiheit für Spieler muss daher eine grundsätzliche Voraussetzung im Kampf gegen unerlaubtes Glücksspiel sein.
Allerdings sollten der Betrieb und die Veranstaltung illegalen Glücksspiels hingegen weiterhin unter Strafe stehen – und das nicht nur als Ordnungswidrigkeit. Diese milde Form der Strafverfolgung gegen organisierte Kriminalität einzusetzen, wird nicht ausreichen, um dem illegalen Glücksspiel in Deutschland ein Ende setzen zu können.
Beitrag vom 24.01.2024